Wenn der Mensch denkt, dass das Pferd nicht fühlt, muss das Pferd fühlen, dass der Mensch nicht denkt!
Pferde sind feinfühliger als die meisten Menschen denken. Sie können uns „lesen“ und uns auch sehr viel mitteilen. Dabei spiegeln sie unseren Charakter und unsere Stimmung. Und das macht die Pferd-Reiter-Beziehung nicht immer einfach, aber wir können daran wachsen!
Wir Reiter haben oft einen stressigen Alltag hinter uns, wenn wir zu unserem Pferd gehen. Der Kopf ist voll, wir sind angespannt, in Eile und wir sehnen uns nach Entspannung und Ruhe. Unsere Pferde stehen oft den ganzen Tag in einer Box und warten darauf, heraus zu dürfen und mit uns Spaß und Gemeinsamkeit zu erleben. Und dann kommen wir…
Schnell wird das Pferd aus der Box geholt, geputzt, gesattelt und dann geht es entweder auf den Platz, in die Halle oder ins Gelände. Am liebsten wäre uns dabei ein reibungsloser Ablauf und „hier nicht auch noch Stress“.
Aber „wie bestellt“ kommt alles anders. Nichts funktioniert, wie wir uns das wünschen!
Wir reagieren ungehalten, ungeduldig, unentspannt. Aber statt uns über die Leistungsverweigerung unseres Pferdes zu ärgern, wäre es sinnvoller einmal tief durchzuschnaufen und genau hinzuschauen, wie es eigentlich unserem Pferd geht, während wir uns wegen unseres Stimmungstiefs bedauern? Mal ganz ehrlich…sind wir bereit und fähig unser Bestes zu geben, wenn unser Chef oder Partner seine schlechte Laune und Unzufriedenheit an uns auslässt? Ein Tier macht nie etwas ohne Grund, aber auch nie mit schlechten Hintergedanken! Und diesen Grund gilt es zu hinterfragen:
- Wie erlebt das Pferd meine Stimmung? - Worauf hat es heute Lust? - Passt der Sattel überhaupt noch? - Tut ihm irgend etwas weh? - Hat es meine schlechte Laune oder meine Ängste bemerkt? - Hat es gerade gefressen? - Gab es Zoff mit einem anderen Pferd?
In all den Jahren, in denen meine Verbindung zu meinen Pferden gewachsen ist, lernte ich immer mehr, sie zu beobachten und ihre Reaktionen zu hinterfragen. Dabei lernt man nie aus! Doch auch wenn das durch unsere „Menschendenkweise“ nicht immer leicht ist, lohnt es sich, dran zu bleiben.
Pferde sind Herdentiere. Wir haben sie “eingefangen” und ihnen die „Herdenfreiheit“ genommen und damit haben wir für diese wunderbaren Geschöpfe die Verantwortung übernommen. Dazu gehört, die Aufgabe des „Herdenführers“ zu übernehmen. Wir müssen sie beschützen und versorgen. Das kann man „irgendwie“ absolvieren, man kann es aber auch einfühlsam und bewusst erfüllen, indem wir ihre Bedürfnisse herausfinden. Dafür schenken sie uns ihre ganze Liebe und Vertrauen. Denn nur ein sicherer, fairer, selbstbewusster Herdenchef vermittelt die, für eine innere Ausgeglichenheit und Leistungsbereitschaft, nötige Sicherheit.
Wenn es uns gelingt, ihr Vertrauen zu gewinnen und wir uns täglich aufs Neue um sie bemühen, bekommen wir eine wunderbare Partnerschaft geschenkt, die uns für allen Stress entschädigt!
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